Wie funktioniert das Brennschneiden?
Sprungverzeichnis zu den Themen auf dieser Seite:

Der für das autogene Brennschneiden geeignete Werkstoff wird durch eine Heizflamme auf Zündtemperatur erwärmt und dann im Schneidsauerstoffstrahl verbrannt. Ist die Zündtemperatur durch das Vorheizen erreicht, wird der Schneidsauerstoff hinzugeschaltet und erzeugt die eigentliche Verbrennung des Materials. Eine Schnittfuge entsteht durch das Ausblasen mit dem Schneidsauerstoff. Ein Brennzuschnitt wird erzeugt, wenn der Schneidbrenner in Richtung der zu schneidenden Sollkontur mit der korrekten Vorschubgeschwindigkeit bewegt wird, dies übernimmt die Brennschneidmaschine.
Das ausströmende Schneidsauerstoffgas bläst das flüssige Material aus der Schnittfuge. Der gleichzeitige Vorschub des Brenners mit Hilfe einer geeigneten Koordinatenschneidanlage erzeugt eine Schnittkontur. Die freiwerdende Verbrennungswärme erhitzt das Material in den darunter liegenden Schichten, so dass sich der Verbrennungsprozess selbständig (=autogen) in der Tiefe des Materials fortsetzt und im Grunde daher kaum eine Materialgrenze kennt.
Autogenes Brennschneiden wurde bereits bei Materialdicken von bis zu 3.000 mm durchgeführt.
In der Praxis wird jedoch zusätzlich zum Schneidsauerstoff auch ein geeignetes Heizgas verwendet, da die Wärme sich nicht allein auf den Schnittspalt konzentriert, sondern in das Material und den Auflagetisch, den Brenntisch, sowie die Umgebung abgeführt wird, so dass der autogene Schneidprozess erlöschen würde. Durch das zusätzliche Heizgas bleibt der Verbrennungsprozess im Gleichgewicht und überbrückt die parasitären Energieabflüsse.
Bedingungen für das das autogene Brennschneiden:
- Die Entzündungstemperatur des Werkstoffs muss niedriger als seine Schmelztemperatur sein.
- Der Schneidsauerstoff muss eine Reinheit von min. 99,5% besitzen, empfohlen wird oftmals 99,995% Reinheit.
- Die Schmelztemperatur der entstehenden Oxide muss niedriger als die Schmelztemperatur des Werkstoffs sein.
- Reines Eisen erfüllt die Bedingungen optimal, ebenso niedriglegierte Stähle.
- Der Kohlenstoffgehalt muss zwischen 0,1 und 1,5% liegen. Wobei ab 0,3 - 1,5% die Gefahr der Rissbildung besteht. Um diese Gefahr zu reduzieren sollte mit speziellen Brennern ( = Heizduschen) vor- bzw. nachgeglüht werden. Idealerweise sollte beim autogenen Brennschneiden der Kohlenstoffgehalt des Schneidgutes daher zwischen 0,1 % bis 0,3 % liegen.
Mit steigendem Kohlenstoffgehalt erhöht sich die Entzündungstemperatur und die Schmelztemperatur nimmt ab, so dass ein Stahl mit mehr als 1,6 % bis 1,8 % C die Voraussetzung des Brennschneidens nicht mehr erfüllt. Beispielsweise besitzt Stahl mit 0,1% C eine Entzündungstemperatur von 1050° C und eine Schmelztemperatur von 1526° C. Daraus folgt: 1050 < 1526 = Bedingung für das autogene Brennschneidsen somit erfüllt, ein Brennschnitt ist damit möglich!
Die Schmelztemperatur ist bei jedem Stoff unterschiedlich hoch und in vielen Fällen vom Druck abhängig. Hervorgerufen wird die Selbstentzündung durch eine exotherme Oxidationsreaktion.
Was kann man mit einem Brennschneider schneiden?
Normale Anwendung des Brennschneiders: Schneiden von Baustahl
Schneiden von Baustählen und anderen Stahlgüten, die die oben genannten Bedingungen erfüllen ist die Domäne des Brennschneiders. Die Materialdicke hängt dabei vom Brennschneider, dem Maschinenbediener, der Gasversorgung und dem Maschinenbett ab. Für viele Brennschneidmaschinen ist das Trennen mit dem autogenen Schneidprozess bis 200 mm oder 300 mm kein Problem. Sonderanlagen schneiden auch bis 500 mm oder gar bis 800 mm Materialdicke. Spezielle Hochleistungsbrennschneidmaschinen schneiden Stahl sogar bis zu 1.200 mm Materialdicke. Natürlich hängt die Qualität des Schnittes in den hohen Dickenbereichen besonders von den Erfahrungen der Maschinenbediener ab. Im Labor wurde bereits Stahl bis zu 3.000 mm Dicke getrennt - dies ist physikalisch zwar möglich doch in der Praxis hört für die meisten Betriebe der Einsatz des Autogenschneiders bei 300 mm auf. Alles darüber hinaus sind Spezialanwendungen.
Sonderfälle: Autogenes Brennschneiden von Titan und Edelstahl
Titan: Der Schmelzpunkt von Titanoxid liegt bei ca. 1.970°C, während der von Titan ca. 1670°C beträgt. Damit ist eine der Grundvoraussetzungen des Brennschneidens nicht erfüllt, die Schmelztemperatur des Titanoxids ist größer als die des Titans. Dennoch lässt sich Titan brennschneiden. Dies stellt eine Ausnahme dar.
Guss und hochlegierte Chrom-Nickel-Stähle
Mit einem Sonderverfahren lassen sich auch Guss und hochlegierte Chrom-Nickel-Stähle schneiden, doch spricht man dann nicht mehr von einem autogen Brennschneidprozess sondern von einem Schmelzschneiden, dem Pulverbrennschneiden. Dabei wird ein kohlenstoffarmes Eisenpulver in die Heizflamme geblasen, wodurch mehr Wärme frei wird und so die Schmelztemperatur erreicht wird. Die auftreffende Schmelze und das Metallpulver bewirken dann ein Schmelzen des Werkstoffs.
Weitere Störgrößen beim autogenen Brennschneiden
Neben Kohlenstoff beeinflussen Legierungsbestandteile wie Chrom, Nickel, Wolfram etc. die Brennschneidbarkeit des Strahls. Je höher der Kohlenstoffgehalt desto höher die Zündtemperatur.
Keine Regel ohne Ausnahme:
Titan und Titanlegierungen lassen sich Brennschneiden, obwohl die Voraussetzungen nicht erfüllt sind, daher empfiehlt es sich, vorab einen Schneidtest auszuführen, wenn man bei einem Material und seinen Legierungsinhalten sicher gehen möchte ob sie mit dem autogenen Schneidprozess schneidbar sind oder nicht.
Begriffe aus der Welt des autogenen Brennschneidens
Wir haben exemplarisch einige Fachbegriffe aus der Schneidwelt zusammengestellt.
Grundsätzlich: Autogenschneiden, Brennschneiden bzw. autogenes Brennschneiden sind austauschbare Synonyme, die das Schneiden von kohlenstoffhaltigem Baustahl unter Einsatz von Sauerstoff beschreiben.
Aufhärtung
Das autogene Brennschneiden zählt ebenso wie das Plasmaschneiden und das Laserschneiden zur Gruppe der thermischen Schneidverfahren und fallen damit unter die abtragenden Trennprozesse. Beim Brennschneiden wird thermische Energie in den Schnittspalt eingebracht, die sich auch auf die Flanken des Schneidgutes überträgt. An den Schnittkanten reichert sich Kohlenstoff an, der aus dem Schneidgut selber stammt und durch eine Oxidschicht zurück gehalten wird. Je nach Menge der thermischen Energie sowie je nach Abkühlgeschwindigkeit erfolgt eine mehr oder weniger starke und meist ungewollte Aufhärtung der Randzonen der Schneidbereiche. Im weiteren Fortgang der Materialbearbeitung beispielsweise beim Gewindeschneiden können sich die aufgehärteten Flanken als sehr störend erweisen. Je nach Kohlenstoffgehalt können bereits ab einem Gehalt von 0,45 % C auch Risse entstehen. Hochfeste Stoffe, wie S355Jo oder C60, mit einer Härte von 600 HV und mehr erfordern nicht selten eine Wärmevor- und Nachbehandlung durch Heizbrenner.
Brennschneider, Brenner
Als Brennschneider oder Brenner wird der gasführende Metallkörper bezeichnet, aus dem die Flamme austritt. Der Brenner besteht neben dem Hauptkörper aus weiteren Teilen, dies sind die Düsen, die Einstellventile für die Gasarten sowie je nach Modell weiteren Elementen für die elektrische Zündung und die Höhenregelung, zu denen wir im weiteren Verlauf kommen. Landläufig wird als Brennschneider jedoch auch der Maschinenbediener bezeichnet, der an der Brennschneidanlage seine Arbeit ausführt. Um in folgenden Beitrag Verwechselungen auszuschließen, sprechen wir beim Brennschneider immer von der Person, welche die Brennschneidmaschine bedient. Meinen wir lediglich das Schneidgerät so sprechen wir vom Brenner. Damit folgen wir dem sprachlichen Gebrauch in der Branche und weichen damit von der Literatur ab. Doch der Begriff des Brennschneides geht noch weiter: Spezielle handgeführte Brenner, mit denen man manuell Grobbleche, Schienen, Rohre etc. durchtrennt, werden ebenso als Brennschneider bezeichnet, hier kommt also wieder das Gerät in den Bedeutungsfokus.
Brennschneidanlage, Brennschneidmaschine, Autogene Brennschneidanlage, Autogenschneidmaschine, Brennportal
Alle diese Begriffe können synonym geführt werden und deuten auf eine CNC-gesteuerte Portal- oder Auslegerschneidanlage hin. Die Qualität des Brennschneidens hängt im wesentlichen von den Erfahrungen des Bedieners und der Qualität der Brennschneidanlage ab. In der Vergangenheit waren die Schneidanlagen mit einer bescheidenen CNC-Steuerungs- und Regelanlage ausgestattet, auch die Antriebstechnik war noch nicht soweit wie heute. Dies führte dazu, dass sich die Schnittqualitäten von Brenn- und Plasmazuschnitten enorm verbessert haben. Nicht selten basiert leider manches Fachwissen auf einem veralteten Wissensstand und ist daher mit Vorurteilen gepaart. Natürlich dürfen handgeführte Schneidarbeiten, sei es beim Brennschneiden oder mit dem Plasmabrenner nicht mit maschinell ausgeführten Konturen verglichen werden. Zu groß ist der Unterschied in der Schnittqualität und von der Maßhaltigkeit ganz zu schweigen. Je besser die Schneidanlage und deren Regelung sind, desto bessere Schnittqualität erhält man. Wobei wir später über die Norm und die Schnittgenauigkeit sprechen werden.
Brennschneidanlagen werden für spezielle Einsätze konzipiert, so gibt es spezielle Schneidanlagen mit 12 und mehr gleichzeitig betriebenen Brennern, es gibt Anlagen, die speziell für das Streifenschneiden entwickelt werden oder die für Dickblechanwendungen bis zu 1.500 mm Materialdicke ausgerüstet sind. Es gibt hochautomatisierte Brennschneidanlagen für den teilweisen mannlosen Betrieb und es gibt Dickblechschneidanlagen die in Walzwerken glühend heiße Brammen zuschneiden. Auf spezielle Brennanlagen trifft man, wenn besondere Gase als Heizgas zum Einsatz kommen, beispielsweise Erdgas, da der geringe zur Verfügung stehende Druck eine komplett andere Verrohrung und Konzeptionierung der Schneidanlage erfordert. Am häufigsten treffen wir jedoch den Anwendungsfall, dass auf eine Plasmaschneidanlage einfach ein oder zwei Autogenbrenner mit passender Z-Achse eingesetzt werden und somit den Anwendungsbereich der Plasmaschneidanlage für dickere Bleche erweiteren.
Gefügeveränderung
Im Grenzbereich der Schneidflanken wird beim thermischen Schneidverfahren thermische Energie in das Material eingebracht. Je nach Menge der eingebrachten Energie, erfolgt eine Gefügeveränderung im Randzonenbereich der Schnittflanken. Werden Brennteile später verschweißt, so muss sichergestellt werden, dass die Gefügeveränderung keinen negativen Einfluss auf die Qualität und Haltbarkeit der Schweißverbindungen hat. Besonders problematisch kann sich dies beim Brennschneiden hochfester Materialien auswirken. Auch hierbei ist ein Vor- und Nachheizen des Schneidmaterials mit Heizbrennern empfehlenswert.
Konturzuschnitt, Zuschnitte, Brennteile
Alle diese Begriffe können synonym verwendet werden. Sie bezeichnen das Gutteil, dass mit Hilfe eines Autogenbrenners ausgeschnitten wurde und das der Auftraggeber bestellt hat. Dementsprechend gibt es auch einen Restteil, dies bezeichnet das Restgitter oder Skelett der Blechtafel, die nach dem Ausschnitt zurück bleibt. Die Blechtafel wird auf einem dafür geeigneten Schneidtisch, dem Brenntisch, aufgelegt. Nach erfolgtem Zuschnitt müssen die Brennteile aus ihren Nestern entnommen werden, was sich je nach Blechdicke als zeitraubend und schwer ergibt. Denn die Brennteile besitzen häufig ein hohes Eigengewicht. Die Schlacke aus der Schnittfuge verklebt sich mit dem Brenntisch, bzw. den Materialauflagen und nicht selten verschweißen sich benachbarte Schlackeaustritte wieder miteinander. Der Brennschneider, gemeint ist der Maschinenbediener, ist meistens auch für die Beschickung der Anlage mit Material und dem Abräumen der Anlage verantwortlich. Ein Brennteil mit einer Dicke von zum Beispiel 50 mm läßt sich in der Regel aufgrund seines Gewichtes nicht einfach so aus seinem Nest heraus ziehen. Die kleinste Unebenheit führt zu einer Verkantung des Teils. Häufig wird mit dem Vorschlaghammer oder einem manuellen Brennschneider nachgeholfen. Bei Stückgewichten von mehreren Hundert Kilogramm ist leicht zu erahnen, dass der Prozess des Abräumens seine Zeit benötigt. Aufgrund der unvorhersehbaren Verschweißung der Teile und der Randbedingungen ist an eine Automatisierung in diesem Bereich beim Autogenschneiden bisher unvorstellbar. Neuerdings wurden jedoch die ersten Anlagen mit einer automatisierten Beschickung und Entnahme der Teile beim Plasmaschneiden vorgestellt.
Lohnschneider
Als Lohnschneider wird ein Unternehmen oder eine Person bezeichnet, die an einer Schneidanlage für die Ausführung von Zuschnittarbeiten zuständig ist. In der Regel ist mit dem Begriff des Lohnschneiders eine Dienstleistung für Dritte verknüpft. Dabei spielt es keine Rolle ob ein Auftraggeber nur die reine Schneidarbeit in Auftrag gibt und das gewünschte Material selber beistellt oder ob er auch das Material direkt beim Lohnschneider mit einkauft.
Lunker
Als Lunker bezeichnet man Hohlräume im Metall, die beim Erstarren der Schmelze entstehen. Sie stellen beim Brennschneiden ein großes Problem dar, da aufgrund des Lufteinschlusses ein Flammenabriss entsteht. Auch beim Plasmaschneiden stören Lunker je nach Größe und beenden oder beeinflussen den Schnitt. Lunker sind schwer vorhersagbar und ohne eine Ultraschallprüfung kaum aufspürbar. Damit besteht für einen Lohnschneider immer ein Restrisiko eines misslungenen Schnittes.
Restblech
Als Restblech wird das zurück bleibende Blech bezeichnet, nachdem die Gutteile ausgeschnitten und abgeräumt wurden. Ab wann dabei ein Restblech als "verbraucht", als Schrott, betrachtet wird, entscheidet oftmals die Arbeitsvorbereitung. Befinden sich im Restblech noch Flächen, aus denen man zu einem späteren Zeitpunkt noch ein Gutteil heraus schneiden kann, wird ein solches Skelett gelagert. Beim Lagern von Restblechen treten jedoch Probleme auf. Beim Autogenschneiden reden wir überwiegend von Dickblechen, bzw. Grobblechen. Diese liegen in einer Dicke von 10 bis 300 mm vor und sind daher nicht einfach zu handhaben. Unterschiedliche Firmenphilosophien forcieren zum einen Stehlager, andere wiederum Flachlager, manche bevorzugen Außenlager oder andere die Lagerung im Innenbereich, Wildlager etc. Viele Bleche für das Brennschneiden und das Plasmaschneiden werden aufgrund ihrer Größe außen gelagert. Häufig kommen 12.000 mm lange Bleche zum Einsatz, da bekannterweise eine für die Verschachtelung zur Verfügung stehende Schachtelfläche weniger Verschnitt aufweits, je größer sie ist. Zu einem wirtschaftlich arbeitendem Unternehmen gehört auch die Reduktion von Schrottanteilen. Das bedeutet, je geringer der Verschnitt, desto höher die Marge. Bleche und Brennteile dieser Größe erfordern auch ein aus sicherheitsrelevanter Sicht umsichtiges Handling. Das Abräumen und Beschicken von Brennschneidanlagen kostet dementsprechend auch viel Zeit. Eine Lagerautomatisierung dieser Blechformate haben wir bisher noch nicht erlebt. Nicht selten hat es sich als wirtschaftlich praktikabel erwiesen, wenn die Geschäftsleitung anweist, Blechreste unterhalb einer bestimmten Fläche im Schrott zu entsorgen, als diese in der Hoffnung auf einen passenden Auftrag endlos zu lagern und dann meist zeitaufwendig zu suchen.
Service Center
Als Service Center werden meistens Stahlhandelhäuser bezeichnet, die eine eigene Brennabteilung besitzen und im Sinne eines Lohnschneiders fertige Zuschnitte an Dritte liefern. Als Service Center können aber auch interne Brennschneidabteilungen bezeichnet werden, die nicht im Lohn schneiden, sondern für die eigene Produktion.

Weitere Artikel zum gewünschten Thema:
© 2011 - 2023, Schneidforum Consulting GmbH & Co.KG, Solingen