Eigenschaften Brennschneiden, Autogenschneiden

Das autogene Brennschneiden besitzt auch nach über 100 Jahren Anwendung immer noch ein großes Einsatzgebiet aufgrund folgender Vorteile und Eigenschaften, die das Autogenschneiden einzigartig machen und sehr wahrscheinlich auch in Zukunft unersetzbar sein lassen. Ob nun die Liste der Vorteile oder die Aufzählung der Nachteile bei Ihnen den Ausschlag für oder gegen den Einsatz des autogenen Brennschneidens bewirken, muss jeder Anwender für sich entscheiden.
Vorteile Brennschneiden
- Kostengünstiges Schneidverfahren
- Standzeiten der Schneiddüsen sehr hoch
- Wirtschaftlichstes Verfahren beim Schneiden von Baustählen im Grobblechbereich
- Kaum Dickenbeschränkungen: Autogenschneiden von meterdicken Blechen ist möglich
- Einfachere CNC-Maschinentechnik genügt bereits
- Keine großen Anforderungen an den Brennschneidtisch bzw. die Materialauflage
- Brennschneidtische sind selber herstellbar, ebenso die Materialauflagen
- Schneidanwendungen mit Mehrfachbrennern sind relativ einfach zu lösen
- Verkettete Anlagen mit wirtschaftlichen Übergrößen sind einfach realisierbar
- Robustes Schneidverfahren, auch für raue Umgebungen geeignet
- Aufwand an Filtertechnik ist geringer als beim Plasmaschneiden
- Auch geeignet für Fasenanwendungen, Kippwinkel durch spezielle Düsen i.d.R. größer als beim Plasmaschneiden
- Variationen durch Einsatz andere Heizgastechnik und anderer Düsen möglich
- Lautstärke des Verfahrens ist i.d.R. wesentlich geringer als beim Plasmaschneiden
- Senkrechte oder nahezu senkrechte Schnittkanten sind bei einwandfreier Anwendung und richtiger Einstellung die Regel
- Rauheit des Schnittes ist sehr gering, wenn alle Einstellungen korrekt sind erhält man ein sauberes Schnittbild
Nachteile Autogenschneiden:
- Langsameres Schneidverfahren als z.B. Plasmaschneiden
- Hohe Hitzeeinbringung in das Material
- Gefügeveränderung im Randzonenbereich möglich
- Thermische Ausdehnung des Materials hoch
- Beeinflussung der Maßhaltigkeit durch thermischen Einfluss
- Probleme bei filigranen Konturen insbesondere bei Innenkonturen
- Lochstechen beim Brennschneiden erforderlich, dies kostet zusätzliche Zeit für das Vorheizen
- Autogenes Brennschneiden kann nicht mannlos erfolgen
- Automatisierung des Brennschneidprozesses zwar möglich, jedoch eingeschränkt
- Schnittfuge beim Brennschneiden größer als beim Plasmabrenner
- Bedienererfahrung erforderlich und darf nicht unterschätzt werden
- Abhängigkeit von Material: Nur bestimmte Stahlsorten sind schneidbar, idealerweise mit einem Kohlenstoffanteil von < 0,3%.
- Abhängigkeit von Oberfläche: Geölte und verrostete Bleche können Probleme bereiten, da zurückfliegende Spritzer den Schneidprozess unterbrechen können
- Material kann Spannungsrisse bekommen
- Einrichtung der Anlage mit Mehrkopfbrennern für das Fasenschneiden ist aufwendiger als bei Plasmabrennern
- Höhenregelung beim Schneiden von Dickbblechen kann problematisch sein
- Überfahren von Schlacke kann zum Schnittabriss führen
- Schachtelabstand der Ausschnitte ist größer zu wählen als beim Plasmaschneiden
- Bei Schnittabriss muss neu angestochen und vorgeheizt werden - oftmals muss die Schnittgeometrie manuell nachgearbeitet werden
- Es fällt viel Schlacke an: Brennschneidtisch muss häufiger gewartet werden
- Das Brennen kleinerer Löcher ist problematisch
- Hantierung mit zum Teil gefährlichen Gasen (Acetylen, Sauerstoff etc.) erfordert spezielle Fachkenntnisse
- Störanfälligkeit durch Löcher und Risse in Schläuchen sowie durch Funkenflug, sorgfältiger Umgang erforderlich
Einsatzmöglichkeiten des autogen Brennschneidens
Das autogene Brennschneiden kann im 2D-Bereich für Senkrechtschnitte ebenso eingesetzt werden, wie für Fasenschnitte für die Schweißnahtvorbereitung. Wikipedia schätzt (Stand 26. Oktober 2020), dass ca. 75% aller Schweißfugen durch das Brennschneiden erzeugt werden. Die Schnittlänge aller durch das Brennschneiden erzeugten Schnitt soll allein in Deutschland ca. 750.000 km betragen.
Brennschneiden besitzt den Vorteil, dass mit verhältnismäßig geringem Aufwand maschinell geschnitten werden kann. Ein weltbekannter CNC-Maschinenhersteller hat 2020 ein neues manuelles Schneidsystem weiterentwickelt auf den Markt gebracht. Für wenige Hundert Euro erhält man bereits manuelle Führungsvorrichtungen, die einen gleichmässigen Schnitt in einer Achse erlauben, sogar mit Schrägstellung des Brenners für einen Fasenschnitt. Doch auch CNC-gesteuerte Brennschneidanlagen mit einer einfachen Auslegerachse sind bereits für geringe fünfstellige Summen erhältlich, mit denen dann auch freie Konturen und beliebige Geometrien gebrannt werden können.
Brennschneiden haben wir im Schneidforum unabhängig gegen Plasmaschneiden verglichen und wir sind rechnerisch zu dem Schluss gekommen, dass Autogenschneiden ab ca. 35/40 mm Materialdicke das wirtschaftlichste Trennverfahren für kohlenstoffhaltigen, unlegierten, bzw. niedriglegierten Baustahl ist. Natürlich schneiden moderne Plasmaschneidanlagen auch größere Materialdicken, doch ab dieser Grenze eben nicht mehr preiswerter, als es beispielsweise drei Schneidköpfe mit dem Autogenverfahren erreichen. Im schweren Anlagenbau, in der Baufahrzeugindustrie, bei Verladekrananlagen, Auslegerkranen etc. sind autogene Brennschneidanlagen das Mittel der ersten Wahl, wenn die Schnitte senkrecht gerade oder gefast, mit hoher Genauigkeit und mit komplizierten Geometrien und mit hoher Wirtschaftlichkeit gefordert sind.
Eine weitere Stärke des Brennschneidens liegt in der nahezu fast grenzenlosen Größe der schneidbaren Brennteile. Viele Brennschneidanlagen sind extrem groß ausgeführt, so dass Brennzuschnitte auch schon mal 25.000 mm oder größer sein können und eine Breite von 2.500 mm oder mehr besitzen. Bei derart großen Teileabmessungen relativieren sich die Genauigkeiten schnell, vor allem, wenn hierzu noch keine andere wirtschaftlichere Alternative mit gleicher Vielfalt existiert.
Wie genau schneidet der Autogenbrenner?
Wenn wir von hoher Genauigkeit beim Brennschneiden sprechen, so ist das relativ zu verstehen. Brennschneiden wird in der DIN EN ISO 9013 mit der geringsten Genauigkeit aufgeführt und man darf sich bereits über Schnitte mit einer Genauigkeit von ± 5 mm erfreuen - wenn, und das ist entscheidend - das Material 300 mm und dicker ist.
Die ISO 9013 beschreibt die erzielbaren Genauigkeiten in Abhängigkeit der Materialdicke und der Größe der Kontur. Immer vorausgesetzt, dass nicht zu viele Ausschnitte im Brennteil zu erzeugen sind, die einen wesentlich höheren Energieeintrag zur Folge haben und damit die Genauigkeit des Brennteils durch thermische Ausdehnung start beeinflussen.
300 mm ist übrigens keine besonders hohe Dicke für das Brennschneiden, jedoch stellt es eher eine Herausforderung an den Bediener und seine Brennschneidanlage dar. Bei dieser Dicke und darüber hinaus ist die Luft für andere Schneidverfahren so etwas von dünn, da spielen Laser, Plasma und Co. kaum noch eine Rolle.
Natürlich ist der Schneidprozess Drahterodieren noch ein Aspirant, der es mit besonders dicken Werkstoffen aufnehmen kann und dies auch noch im Mikrometer-Bereich, aber bei weitem mit einem anderen Stundensatz als beim Autogenschneiden und mit einer komplett anderen Zielsetzung, die eher im Werkzeugbau liegt.
Während das Autogenschneiden für Brennteile eingesetzt wird, die beispielsweise in der Stahl- und Metallbearbeitung verschweißt werden oder aus denen man Behälter und andere technische Anlagen erstellt.
Ein großes Hindernis für eine bessere Genauigkeit des Brennschneidens ist der Verzug des Schneidmaterials. Die eingebrachte thermische Energie in das Material erlaubt problemlos das Beheizen der Halle oder das Kochen eines Dreigänge-Menüs auf einer geschnittenen Blechtafel. Das Material dehnt sich unter dem Einfluss der Hitze enorm aus, was abhängig ist von seiner Dicke, der Anzahl der eingesetzten Brenner und den zu schneidenden Geometrien und der Anzahl der Innenausschnitte, von denen jeder einen Lochstechpunkt benötigt mit entsprechender Vorheizzeit auf die Zündtemperatur.
Hier kann man bereits erahnen, wie bedeutend beim thermischen Schneiden die Erfahrungen des Bedieners und der Arbeitsvorbereitung sind. Damit die Zuschnitte möglichst genau sind, muss diese Ausdehnung, die Lochstechpunkte, die Fahrtdichtungen etc. an die gewünschten auszuschneidenen Konturen angepasst werden. Moderne Verschachtelungsprogramme versuchen auf der CAD/CAM-Ebene durch Rechenalgorithmen die Lochstechpunkte und die Anfahrgeometrien optimal zu setzen und unterstützen die Bediener so weit wie möglich.
Doch am Ende des Tages bleibt es dabei, die Genauigkeit beim Brennschneiden ist verfahrensbedingt begrenzt und stellt die geringste der Schneidtechnologien Plasma, Laser, Wasserstrahl und Erodieren dar. Doch viel entscheidender dabei ist die Frage, welche Mindestgenauigkeit für mein spezielles technisches Teil überhaupt erforderlich ist? Und da zeigt sich, dass in vielen Bereichen der Technik die Genauigkeit des Autogenschneidens völlig ausreichend ist.
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