Abkantarten in der Blechbearbeitung
Beim Abkanten wird an dem zu bearbeitenden Werkstück eine dauerhafte Verformung herbei geführt. Verschiedene Abkantarten stehen in der Blechbearbeitung von Zuschnitten und Brennteilen zur Verfügung. Für die Durchführung dieses umformenden Fertigungsverfahrens wollen wir diese zwei verschiedenen Maschinenarten betrachten:
- Die Gesenkbiegepresse, auch Abkantpresse, Kantbank oder hydraulische Presse genannt und
- die Schwenkbiegemaschine.
Gesenkbiegepressen
Gesenkbiegepressen führen den Abkantverfahrensschritt mittels eines Stempels (Biegestempel oder Schwert) und einer Matrize (Biegegesenk) durch. Das Blech wird dabei von dem Stempel, der per Hydraulik von oben herab gefahren wird, in die Matrize gepresst, welche diesem auf diese Weise die gewünschte Kantenform gibt. Kleinere Winkel lassen sich dadurch realisieren, dass der Stempel nicht ganz herunter gefahren wird. Per Hinteranschlag wird die Wiederholung mehrerer Kantungen exakt der gleichen Form ermöglicht. Die präzise Steuerung dieses Prozesses wird in modernen Pressen durch CNC-Steuerungen ermöglicht. Eine Presse, die zusätzlich zu diesen Abkantvorrichtungen auch noch mit einem Werkzeugwechsler und einen Werkzeugspeicher ausgerüstet wird, bezeichnet man als Gesenkbiegezentrum. Für die Erstellung komplizierter Profile werden im Regelfall mehrere Kantungen und zudem oftmals verschiedene Matrizen benötigt. Beim Abkantverfahren wird das Werkstück dann nach jeder Pressung neu positioniert und es wird zudem evtl. eine Neueinrichtung der Maschine erforderlich. Diese Vorgehensweise ermöglicht die wirtschaftliche Erstellung auch komplizierterer Teile.
Zudem ist es insbesondere bei größeren Stückzahlen erwägenswert, das Einrichten und Einführen der Bleche durch Roboter vornehmen zu lassen.
Beim Biegen wird zwischen drei unterschiedlichen Verfahrensarten unterschieden, nämlich
- dem freien Biegen (oftmals auch bekannt als Luftbiegen oder freies Biegen im Gesenk)
- dem Prägebiegen und
- dem Dreipunktbiegen
Das freie Biegen
Für das freie Biegen benötigt man eine V-förmige Matrize. Der Abkant-Winkel wird dabei durch den Fahrweg des Stempels definiert. Diese Tatsache macht eine präzise Steuerung des Vorschubs zu einer unabdingbaren Voraussetzung für gute Ergebnisse.
Da das Blech nur an zwei Kanten den Werkzeugs aufliegt, können beliebige Winkel erzeugt werden, ohne dass es eines Werkzeugwechsels bedarf. Der Nachteil dieser Vorgehensweise ist ihre eingeschränkte Präzision.
Das Prägebiegen
Diese Abkantart zeichnet dich durch die Verwendung spezieller Stempel und Matrizen aus, die für Erstellung einer bestimmten Form bzw. eines bestimmten Winkels angefertigt wurden. So besitzt also das Schwert eine 75 Grad Form, wenn ein Biegewinkel von 75 Grad gewünscht ist. Das Blech wird hernach mit großem Druck vom Stempel in die Matrize gedrückt. Der Anspruch an die Steuerung der Maschine ist bei dieser Vorgehensweise relativ gering. Dafür ist der der Anspruch an die Werkzeuge höher. Die hohe Präzision geht zu Lasten der Flexibilität dieser Biegeart.
Das 3-Punkt-Biegen:
Das 3-Punkt-Biegen wird dadurch gekennzeichnet, dass das Blech vom Stempel bis auf den Anschlag der Matrize gedrückt wird. Dadurch wird also das Werkstück vom Stempel an drei Punkten bzw. Kanten berührt. Der Mittelteil der Matrize kann elektrisch gesenkt werden, wodurch eine Regelgröße der Kantung eingestellt werden kann. Der Winkel der Kantung wird dabei umso größer, je weiter man den mittleren Anschlag des Matrizen-Werkzeugs absenkt. Der Vorteil dieser Biegeart liegt zum einen in der Möglichkeit flexibler Kantungswinkel ohne Werkzeugwechsel und zum anderen in der höheren Präzision verglichen mit dem freien Biegen. Das 3-Punkt-Biegen bedingt erhöhte Anforderungen an die zum Einsatz kommende Technik, insbesondere die CNC-Steuerung und die Werkzeuge. Es handelt sich daher um die preisintensivste weil anspruchsvollste aller Biegetechniken.
Schwenkbiegemaschinen:
Schwenkbiegemaschinen eignen sich grundsätzlich für die gleichen Biegearten wie Gesenkbiegepressen auch. Schwenkbiegemaschinen arbeiten jedoch anders, sie bestehen aus:
- einer Oberwange, die das Blech spannt und festhält
- einem Anschlag- und Hochhaltesystem, dass das Blech positioniert
- und der eigentlichen Biegewange, die von unten hochfahrend das festgehaltene Blech biegt.
Beim Schwenkbiegen bewegt sich die Biegewange um ihren Drehpunkt nach oben und rollt am Material ab. Da es nahezu keine Relativbewegung zwischen Werkzeug und Blechoberfläche gibt, entstehen beim Biegen wenig Kratzspuren. Verstellung der Biegewange: Bei dünnen Blechen ist lediglich die Höhe der Biegewange zum Drehpunkt einzustellen. Moderne Maschinen stellen sich selber ihre Werkzeuge auf die Blechdicke ein. Ab einer gewissen Dicke (üblich ab 2mm) ist eine Verschiebung der Ober- und Unterwange für den Radius-Mittelpunkt erforderlich um genaue Kantungen zu erhalten. Schwenkbiegen eignet sich besonders für Bleche, die im Randbereich umgeformt werden müssen. Beim Biegen bleibt das flächige Blech auf dem Hochhaltesystem der Maschine liegen, so dass der Bediener nicht das Gewicht der Blechplatte nachführen bzw. abstützen muss. Große Teile werden von der Rückseite in die Maschine beladen und bearbeitet, während kleine Teile von der Frontseite zugeführt werden.
Eigenschaften und Vorteile von Schwenkbiegemaschinen
Schwenkbiegemaschinen eignen sich grundsätzlich für die gleichen Biegearten wie Gesenkbiegepressen, dennoch haben die Systeme ihre besonderen Eigenschaften. Gesenkbiegepressen können für extrem hohe Drücke und Größen gebaut werden. Sie eignen sich besonders im Grobblechbereich, beispielsweise mit 16.000 mm Kantlänge und einer Presskraft von über 4.000 to. Werkzeugwechsler und auto. Roboter-Beschickungssysteme schaffen einen hohen Automatisierungsgrat, der sich besonders bei hohen Stückzahlen rechnet. Gesenkbiegepressen mit 3-Punkt-Kantung bieten maximale Flexibilität und Genauigkeit.
Schwenkbiegemaschinen
Schwenkbiegemaschinen werden häufig im dünneren Blechdickenbereich, wenn die Kantungen im Randbereich zu erfolgen haben, eingesetzt. Sie arbeiten genau und flexibel, da der Biegeprozess durch eine Rollbewegung an der Blechkante erfolgt, so beschädigen sie das Blech weniger und stellen beispielsweise bei empfindlichen Oberflächen ein schonendes Verfahren dar. Gleichzeitig besitzen sie aufgrund der Abrollbewegung des Werkzeugs einen geringen Verschleiß.
Verfahrens-Eigenschaft der Pressen:
Aufgrund der hohen Presskräfte deformiert sich nicht nur das Blech, sondern unerwünscht auch der Biegebalken, bzw. der Stempel. Hier haben sich die Hersteller verschiedene Methoden ausgedacht um das Nachgeben des Materials, dass zu Ungenauigkeiten führt, zu kompensieren. Man spricht von der sogenannten Bombierung, durch eine exakt ermittelte Vorspannung biegt sich der Stempel, bzw. Biegebalken genau so weit, wie es für die Erreichung der korrekten Kantung gerade noch zulässig ist. Je besser eine Bombierung arbeitet, desto besser sind die Kantergebnisse im kritischen Bereich und häufig bestimmen gerade derartige Kontrollsysteme den Preis und die Qualität einer Maschine. Ohne Bombierung verlaufen die Kanten an einem langen Blech nicht konstant.
Retrofitting von Abkantpressen
Abkantpressen können sehr alt werden, zumal nur relativ wenig bewegliche Teile mit einer moderaten Geschwindigkeit zu bewegen sind und darüber hinaus manche alten Bestandsanlagen aus Qualitätsgründen überdimensioniert waren. So befinden sich in der Industrie nicht selten Pressen, die 30, 40 Jahre oder älter sind.
Der Stahlbau ist meist in Ordnung - was ganz und gar nicht mehr zeitgemäß arbeitet, ist die Steuerung. Doch wie bei Plasma-, und Autogenschneidmaschinen gibt es auch hier die Möglichkeit die Pressen-Steuerung gegen eine moderne CNC-Steuerung mit Ankopplung an die interne EDV umzurüsten. Hydraulik-Dichtungen und Zylinder lassen sich austauschen, Werkzeuge erneuern. Je nach Alter der Anlage und je nach Umrüstungskosten kann sich ein solcher Retrofitting lohnen. Doch sollte in jedem Fall eine sorgfältige Wirtschaftlichkeitsberechnung erfolgen. Gibt der Umrüster sogar noch eine Grantieleistung oben drauf, kann sich das ganze Vorhaben rechnen. Wie empfehlen auch das Kapitel "Projektierung" mit dem Spezialthema "Lastenheft" durchzulesen. Aus "Alt mach Neu" - warum nicht?
Vorteile eines Retrofittings von hydraulischen Pressen
Modernisierungen besitzen nicht selten auch weitere positiven Auswirkungen auf die Motivation der Mitarbeiter und auf den Produktionsprozess. Weitere potentielle Vorteile eines Retrofittings einer hydraulischen Presse in Kurzform:
- Neue Steuerung bietet neue Funktionen
- Ankopplung an intere EDV, CAD/CAM-Prozesse einleitbar
- Datenaustausch und Datensicherung durch Rechnerkopplung möglich
- Kosteneinsparung
- Erhöhung der Produktivität und Qualität
- Kürzere Zykluszeiten bei der Bearbeitung von komplexen Teilen
- Weniger Stillstandszeiten und geringere Wartungskosten
- Erreichung und Einhaltung der aktuellen Sicherheitsstandards (UVV, AKAS...)
- Höherer Bedienungskomfort und eventl. eine einfachere Programmierung
- Neuer Service-Ansprechpartner und damit auch eine gesicherte Ersatzteilversorgung
- Vernetzungsmöglichkeiten
Aus diesen Gründen kann sich die Modernisierung einer soliden und dafür geeigneten Altanlage lohnen.
Jedoch gilt auch hier eine sorgfältige Planung, denn wenngleich die Vorteile verlockend erscheinen, muss doch der Umfang der Gesamtmaßnahme kalkuliert werden, da bei vielen kleineren Abkantanlagen sich unter Umständen eine Neuanschaffung eher lohnen könnte. Im konkreten Einzelfall gilt es, sorgfältig abzuwägen.
Beim 3-Punkt-Biegen liegen die Referenzpunkte auf der gleichen Seite des Materials. Der Winkel wird durch die Höhenverstellung in der Matrize bestimmt.
Beim Luftbiegen liegen die Referenzpunkte auf beiden Seiten des Materials. Der Winkel wird durch die Eintauchtiefe des Stempels in die Matrize bestimmt.
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