Brennschneiden und alles, was man dazu wissen muss
Sprungverzeichnis zu den Themen auf dieser Seite:
- Brennschneiden und alles, was man dazu wissen muss
- Was ist Brennschneiden? Wie funktioniert es?
- Terminologie: Brennschneiden versus Autogenschneiden?
- Wie gelingt das autogene Brennschneiden?
- Was kann man alles Brennschneiden?
- Wie schnell schneidet der Autogenbrenner und was kostet der Brennzuschnitt?
- Was dick schneidet man mit dem Autogenbrenner?
- Wie groß ist der Markt für das autogene Brennschneiden?
- Wie genau schneidet der Autogenbrenner?
- Welche Gründe sprechen für das Brennschneiden?
- Fazit

Brennschneiden mit Sauerstoff hat eine mehr als hundertjährige Tradition in der Stahl und Metall verarbeitenden Industrie. Obwohl es sich dabei um ein sehr altes und bewährtes Verfahren handelt, ist es bis heute aus der Metallverarbeitung nicht wegzudenken. Sein Haupteinsatzgebiet ist das Schneiden von kohlenstoffhaltigem Stahl im dicken Blechbereich. Dabei wird es aufgrund seiner geringen Betriebskosten und der Robustheit des Verfahrens gerne im Grobblechbereich ab 20 mm Materialdicke eingesetzt.
Doch beginnen wir damit, uns Stück für Stück in das Thema Brennschneiden einzuarbeiten. Soviel schon mal vorab: Durch moderne Brenner mit integrierter Automatisierungstechnik und Digitalisierungskomponenten wird das autogene Brennschneiden zum neuzeitlichen Erlebnis.
Der Schneidprozess erfordert hingegen nach wie vor gewisse Fachkenntnisse im Umgang mit Gasen und den Metalleigenschaften sowie Erfahrung. Auf den nun folgenden Seiten haben wir eine Reihe an Daten und Fakten aus unserer Beratungstätigkeit für Sie zum Thema "autogenes Brennschneiden" zusammengestellt. Schneidforum wünscht Ihnen beim Lesen eine spannende Unterhaltung.

Was ist Brennschneiden? Wie funktioniert es?
Brennschneiden bzw. Autogenschneiden beschreibt einen thermischen Schneidprozess für kohlenstoffhaltigen Stahl, in dem Sauerstoff als Schneidgas eingesetzt wird.
Der für das autogene Brennschneiden geeignete Werkstoff wird durch eine Heizflamme auf Zündtemperatur erwärmt und dann im Schneidsauerstoffstrahl verbrannt. Ist die Zündtemperatur durch das Vorheizen erreicht, wird der Schneidsauerstoff hinzugeschaltet und erzeugt die eigentliche Verbrennung des Materials. Das ausströmende Schneidsauerstoffgas bläst das flüssige Material aus der Schnittfuge. Ein Brennzuschnitt wird erzeugt, wenn der Schneidbrenner in Richtung der zu schneidenden Sollkontur mit der korrekten Vorschubgeschwindigkeit bewegt wird, dies übernimmt die Brennschneidmaschine.
Die freiwerdende Verbrennungswärme erhitzt das Material in den darunter liegenden Schichten, so dass sich der Verbrennungsprozess selbständig (=autogen) in der Tiefe des Materials fortsetzt und im Grunde daher kaum eine Materialgrenze kennt.
In der Praxis wird jedoch zusätzlich zum Schneidsauerstoff auch ein geeignetes Heizgas verwendet, da die Wärme sich nicht allein auf den Schnittspalt konzentriert, sondern in das Material und den Auflagetisch, den Brenntisch, sowie die Umgebung abgeführt wird, so dass der autogene Schneidprozess erlöschen würde. Durch das zusätzliche Heizgas bleibt der Verbrennungsprozess im Gleichgewicht und überbrückt die parasitären Energieabflüsse.
Da Sauerstoffgas selber nicht brennbar ist wird zum Aufheizen des Blechs auf die Zündtemperatur ein geeignetes Heizgas wie Propan, Acetylen oder Erdgas verwendet. Neue Brenner und Gasversorgungsstationen gehen dazu über das CO2-neutrale Wasserstoff H2 zum Aufheizen des Materials einzusetzen.
Auf dem Deutschen Schneidkongress 2018 und 2023 wurde dieses Verfahren - Einsatz von Wasserstoff zum Brennschneiden - erstmalig einem breiten Publikum von Anwendern vorgestellt.
Auch wenn das Brennschneiden bereits über 100 Jahre alt ist, so erlebt es gerade in unserer Zeit der CO2-Einsparungen und der hohen Energiekosten eine besondere Bedeutung, Brennschneiden erfährt eine Renaissance.
Grundsätzlich unterscheidet man drei Arten von Brennschneiden:
- Manuelles Brennschneiden, hier wird der Schneidbrenner manuell von einem Menschen geführt
- Maschinelles Brennschneiden mit Hilfe einer CNC-gesteuerten Schneidanlage.
- Halbautomatisches Brennschneiden mit Hilfe einer halbautomatischen Vorschubeinrichtung, welche über eine einfache Linearmechanik den Brennschneider mit einer konstanten Geschwindigkeit über das Blech führt. Alle Einstellarbeiten werden vom Experten manuell vorgenommen.
Im Schneidforum befassen wir uns hauptsächlich mit dem Fall 2: Maschinelles Brennschneiden. Beim maschinellen Autogenzuschnitt stehen i.d.R. die Schnittqualität, die Genauigkeit, die Wirtschaftlichkeit sowie die Produktivität im Mittelpunkt der Betrachtungen und bieten damit den maximalen Spielraum für Automatisierungs- und Digitaltechnik.
Die physikalischen Grundregeln sind jedoch für alle drei Anwendungsfälle nahezu identisch.
Warum kann man nicht alle Stähle brennschneiden?
Es müssen bestimmte metallurgische Bedingungen für den Verbrennungsprozess eingehalten werden, siehe weiter unten. Eine KO-Bedingung ist die Forderung, dass die Zündtemperatur (ca. 1.150°C) niedriger als die Schmelztemperatur des Metalls sein (ca. 1.500 °C) muss. Metalle, die diese Bedingung erfüllen lassen sich i.d.R. brennschneiden.
Die zweite Bedingung zum Brennschneiden ist die Höhe des Kohlenstoffgehalts des Metalls, dieser sollte idealerweise < 0,3 % sein.
Es lassen sich nur niedrig bis gering legierte Stähle schneiden.
Was bedeutet der Begriff "Autogenschneiden"?
Der Begriff Autogen setzt sich zusammen aus den beiden Silben AUTO und GEN.
Die Silbe AUTO ist eine abgekürzte Form des aus dem altgriechisch stammenden Wortes "autonom". Es bedeutet gemäß Duden soviel wie: aus sich selbst oder von selbst entstehend; selbsttätig; selbst erregt oder ohne Zuhilfenahme eines Bindematerials. Diese Silbe finden wir auch im populären Begriff "Auto", es fährt selbsttätig, aus sich selbst heraus.
Die Silbe GEN ist eine abgekürzte Form von "generate" die laut Duden meist dem griechischen Ursprung zugeordent wird und bedeutet soviel wie erzeugen, schaffen, hervorbringen, verursachend. Unser Wort Generator spiegelt die Bedeutung gut wider, der Generator erzeugt bzw. bringt elektrischen Strom hervor.
Damit kann die Wortbedeutung von Autogen in etwa wie folgt beschrieben werden: Es bezeichnet einen Prozess, der aus sich selbst heraus entsteht, weiter fort besteht und etwas erzeugt.
Weitere Definitionen haben wir in einem eigenen Kapitel "Technologie des Brennschneidens" für Sie zusammengestellt:
Wie gelingt das autogene Brennschneiden?
Bedingungen für den Autogenzuschnitt:
- Die Entzündungstemperatur des Werkstoffs muss niedriger als seine Schmelztemperatur sein.
- Der Schneidsauerstoff muss eine Reinheit von min. 99,5% besitzen, empfohlen wird oftmals 99,995% Reinheit.
- Die Schmelztemperatur der entstehenden Oxide muss niedriger als die Schmelztemperatur des Werkstoffs sein.
- Reines Eisen erfüllt die Bedingungen optimal, ebenso niedriglegierte Stähle.
- Der Kohlenstoffgehalt muss zwischen 0,1 und 1,5% liegen. Wobei ab einem Kohlenstoffanteil von 0,3 - 1,5% die Gefahr der Rissbildung besteht. Um diese Gefahr zu reduzieren sollte mit speziellen Brennern ( = Heizduschen) vor- bzw. nachgeglüht werden. Idealerweise sollte beim autogenen Brennschneiden der Kohlenstoffgehalt des Schneidgutes daher zwischen 0,1 % bis 0,3 % liegen.
Mit steigendem Kohlenstoffgehalt erhöht sich die Entzündungstemperatur und die Schmelztemperatur nimmt ab, so dass ein Stahl mit mehr als 1,6 % bis 1,8 % C die Voraussetzung des Brennschneidens nicht mehr erfüllt. Beispielsweise besitzt Stahl mit 0,1% C eine Entzündungstemperatur von 1050° C und eine Schmelztemperatur von 1526° C. Daraus folgt: 1050 < 1526 = Bedingung für das autogene Brennschneiden somit erfüllt, ein Brennschnitt ist damit möglich!
Die Schmelztemperatur ist bei jedem Stoff unterschiedlich hoch und in vielen Fällen vom Druck abhängig. Hervorgerufen wird die Selbstentzündung durch eine exotherme Oxidationsreaktion.
Was kann man mit einem Brennschneider schneiden?
Normale Anwendung des Brennschneiders: Schneiden von Baustahl
Schneiden von Baustählen und anderen Stahlgüten, welche die oben genannten Bedingungen erfüllen ist die Domäne des Brennschneiders. Die Materialdicke hängt dabei vom Brennschneider, den eingesetzten Düsen, der Erfahrung des Maschinenbedieners, der Gasversorgung, dem Leitungsquerschnitt und dem Maschinenbett ab.
- Normalstahl, Baustahl sind in der Regel kein Problem für das Brennschneiden.
- Edelstahl, Aluminium, Aluguß, Kupfer, Legierungen etc. hingegen können i.d.R. nicht mit dem autogen Schneidverfahren getrennt werden.
Sonderfälle: Autogenes Brennschneiden von Titan und Edelstahl
Titan: Der Schmelzpunkt von Titanoxid liegt bei ca. 1.970°C, während der von Titan ca. 1670°C beträgt. Damit ist eine der Grundvoraussetzungen des Brennschneidens nicht erfüllt, die Schmelztemperatur des Titanoxids ist größer als die des Titans. Dennoch lässt sich Titan brennschneiden. Dies stellt eine Ausnahme dar.
Guss und hochlegierte Chrom-Nickel-Stähle
Mit einem Sonderverfahren lassen sich auch Guss und hochlegierte Chrom-Nickel-Stähle schneiden, doch spricht man dann nicht mehr von einem autogen Brennschneidprozess sondern von einem Schmelzschneiden, dem Pulverbrennschneiden. Dabei wird ein kohlenstoffarmes Eisenpulver in die Heizflamme geblasen, wodurch mehr Wärme frei wird und so die Schmelztemperatur erreicht wird. Die auftreffende Schmelze und das Metallpulver bewirken dann ein Schmelzen des Werkstoffs.
Wie schnell schneidet der Autogenbrenner und was kostet der Brennzuschnitt?
Wir haben dazu eine Gegenüberstellung der Schnittgeschwindigkeiten verschiedener Masterialstärken im Vergleich zum Plasmabrennen in einer ausführlichen Tabelle erstellt. Natürlich hängt die tatsächliche Schnittgeschwindigkeit von den verwendeten Brennertypen, (z.B. Normaldüse, Schnellschneiddüse, etc.) ab, vom Heizgas und auch von der Oberflächenbeschaffenheit des zu schneidenden Materials. Stahl, der bereits vorher gesandstrahlt wurde, lässt sich generell schneller Brennschneiden.
Beispiel:
Blechdicke: Baustahl S235 |
Schnittgeschwindigkeit Sauerstoff-Autogenbrenner mit Acetylen als Heizgas (ø-Werte) |
Schnittgeschwindigkeit Sauerstoff-Autogenbrenner mit Propan als Heizgas (ø-Werte) |
Schnittgeschwindigkeit Plasma Qualitätsschnitt (ø 260A bis 360 A) |
---|---|---|---|
10 mm | 630 mm/min | 510 mm/min | 2.600 mm/min |
Wie teuer ist der Brennzuschnitt?
Sowohl die Frage der Wirtschaftlichkeit als auch weitere Geschwindigkeitsdaten haben wir für Sie in einem eigenen Kapitel über die Wirtschaftlichkeit des Brennschneidens zusammen gestellt.
Zur Orientierung: 1 Brennschneidkopf mit Sauerstoff - Acetylen betrieben, kostet rund sieben Euro pro Stunde an Betriebskosten ohne Material-, Personal- und Maschinenkosten. Natürlich abhängig von weiteren Parametern: Dicke, etc.
Wie dick schneidet man mit dem Autogenbrenner?
- Der übliche Einsatzbereich liegt vernünftigerweise von 20 mm (in seltenen Fällen auch schon ab 10 mm oder geringer) bis 200 mm (seltener auch bis 300 mm) Stahldicke.
- Sonderanlagen schneiden auch bis 500 mm oder gar bis 800 mm Materialdicke.
- Spezielle Hochleistungsbrennschneidmaschinen schneiden Stahl sogar bis zu 1.500 mm Materialdicke.
- Für viele Brennschneidbetriebe ist das Trennen mit dem autogenen Schneidprozess bis 200 mm oder 300 mm kein Problem.
- Natürlich hängt die Qualität des Schnittes und besonders in den hohen Dickenbereichen von den Erfahrungen der Maschinenbediener ab.
- Im Labor wurde Baustahl bis zu einer Dicke von maximal 3.000 mm autogen geschnitten bzw. eher getrennt, denn von Schnittqualität reden wir hier nicht mehr. Es ging bei diesem Experiment nur darum, zu zeigen, wie man nahezu grenzenlos dick Brennschneiden kann. Der bei dieser Dicke von rund 3.000 mm erforderliche Sauerstoffdruck lag bei über 250 bar, woraus sich auch erklärt, warum dies nur im Labor unter besonderen Sicherheitsbedingungen durchführbar war. Ein physikalisches Experiment für das Labor. In der Praxis hört für die meisten Betriebe der Einsatz beim Brennschneiden bei 300 mm auf. Alles darüber hinaus sind Spezialanwendungen für Spezialbetriebe.
- Problemfeld: Je dicker der Stahl desto komplizierter gestaltet sich das Lochstechen. Üblich: Mechanisches Vorbohren oder Lochstechen mit der Lanze (hohes Gefahrenpotential für Verletzungen des Bedieners!) Oder man fährt von der Seite an, sofern das geforderte Brennteil dies zulässt.
Industriell werden Dicken bis 1.500 mm von einigen wenigen Spezialbetrieben geschnitten.
Dabei ist zu beachten, dass der Kohlenstoffgehalt des Stahls kleiner als 0,3 % betragen sollte. Liegt er darüber, muss das Material vor- und eventl. auch nachgewärmt werden, um Risse und Spannungen zu reduzieren.
Liegt der Kohlenstoffgehalt über 1,5 / 1,8 % ist autogenes Brennschneiden in dieser Form nicht mehr möglich.
Übrigens:
Geschnitten wird beim autogenen Brennschneiden immer mit Sauerstoff, das Heiz- und Brenngas dient lediglich dazu, den Oxidationsprozess in Gang zu setzen und ihn während des Schneidens aufrecht zu halten. Die Aussage, die man öfters hört "wir schneiden mit Propan" ist nicht korrekt, geschnitten wird immer mit Sauerstoff.
Für das Brennschneiden muss der Sauerstoff eine hohe Reinheit von min. 99,95 % besitzen. Je höher der Reinheitsgrad des Sauerstoffschneidgases, desto besser, sauberer und schneller erfolgt der Schnitt.
Warum schneidet man nicht dünnen Stahl mit dem Autogenbrenner?
Prinzipiell kann Stahl ab einer Dicke von 3 mm autogen geschnitten werden. Aber:
- Die Hitzeinwirklung ist so groß, dass sich das Bauteil stark durch den thermischen Einfluss verwirft.
- Die Ungenauigkeit steigt proportional zur Hitzeeinwirkung beim Brennzuschnitt.
- Die Wirtschaftlichkeit beim Zuschnitt von dünnem Material ist beim Autogenbrennen nicht mehr gegeben. Plasmaschneiden oder Laserschneiden wäre bei dünnerem Material die preiswertere, die bessere Methode.
- In seltenen Ausnahmefällen wird dünnes Material dennoch autogen gebrannt, nämlich wenn es sich um ein einzelnes Stück handelt und sich das Zurüsten einer anderen Schneidanlage im Verhältnis zu den Mehrkosten nicht lohnen würde. In jedem Fall muss es triftige Gründe geben, warum dünnes Material autogen geschnitten werden soll - im Normalfall ist dies tunlichst zu vermeiden.
Wie groß ist der Markt für das autogene Brennschneiden?
Autogenes Brennschneiden ist keine exotische Fertigung, ganz im Gegenteil. Kaum ein Schweißer hätte Arbeit, wenn zuvor die Teile nicht zugeschnitten und mit einer erforderlichen Schweißnahtfase versehen worden sind.
- In der Regel werden in Deutschland jedes Jahr ca. 40 - 44 Mio. Tonnen Stahl produziert und verarbeitet. In 2020 waren es aufgrund der weltweiten Corona-Beschränkungen erheblich weniger mit rund 36 Mio. Tonnen.
- Ein großer Teil dieses Stahls muss als Tafel oder Rohr zugeschnitten werden. Dies übernehmen - nach unserer Schätzung min. 36.000 CNC-gesteuerte Schneidmaschinen, davon rund 10.000 Autogenschneidmaschinen, von denen die meisten mit mehr als einem Brennkopf ausgerüstet sind.
- Diese erzeugen pro Jahr rund 750.000 km an Schnittmetern für Brennteile und Besäumungen.
- Durch spezielle Vorrichtungen lassen sich die Brenner auch hervorragend zum fasen der Bleche für die Schweißnahtvorbereitung einsetzen.
- Man schätzt, dass ca. 75% aller Schweißfugen durch Brennzuschnitte entstanden sind. Diese Zahl erscheint uns nicht mehr aktuell zu sein, da Qualitätsplasmabrenner verstärkt in den Markt der Schweißnahtvorbereitung eingedrungen sind und mit 3D-Köpfen ausgestattet erzeugen sie Schnittfugen bis 80 mm, ja sogar bis 100 mm Kantenlänge. Dennoch stammt ein Großteil der Schweißnahtvorbereitung nach wie vor aus der Hand von Brennschneidmaschinen.

Wie genau schneidet der Autogenbrenner?
Die Qualität eines Brennzuschnitts wird in der DIN EN ISO 9013 beschrieben. Die ISO 9013 ist für die drei thermischen Schneidverfahren Plasmaschneiden, Laserschneiden und Brennschneiden gültig. Von diesen dreien besitzt das Brennschneiden die geringste Genauigkeit.
- Eine pauschale Genauigkeit kann niemals seriös durch einen einzigen Wert angegeben werden. Die ISO 9013 geht da sehr praxisrelevant vor und berücksichtigt ganz genau die Probleme bei Schneiden. Sie beschreibt die erzielbaren Genauigkeiten in Abhängigkeit der Materialdicke und der Größe der Kontur. Die Angaben für Brennzuschnitte sind nur im Dickenbereich von 3 mm bis 300 mm definiert. Alle Dicken außerhalb dieses Bereichs sind individuelle Genauigkeiten des jeweiligen Brennbetriebes und unterliegen nicht mehr der Norm.
- Des weiteren werden nur Brennteile bis zu einer Größe von max. 8.000 mm und erst ab einer Mindestlänge von 350 mm beschrieben. Alles was darüber hinaus oder darunter geht, wird nicht durch die Norm abgedeckt.
- Außerdem wird vorausgesetzt, dass keine Ausschnitte im Brennteil vorhanden sind, welche einen wesentlich höheren Energieeintrag zur Folge haben und damit die Genauigkeit des Brennteils durch thermische Ausdehnung stark beeinflussen.
- Ergo kann eine Genauigkeit immer nur bezogen auf eine Materialdicke und einer Größe der Brenngeometrie im Toleranzrahmen der ISO 9013 benannt werden.
- Wichtig ist auch die Lage, an dem eine Genauigkeitsmessung vorgenommen werden darf. Man kann Brennteile nicht nach Lust und Laune an jeder Stelle der Kontur vermessen. Auch dies wird in der ISO 9013 definiert.
- Brennzuschnitte werden in der ISO9013 mit der Genauigkeitsklasse 2 definiert, unter die auch das Plasmaschneiden fällt.
- Manche Brennbetriebe führen Genauigkeiten von ± 5 mm auf, bei einem Material mit 300 mm Dicke.
- Wenn wir von "hoher Genauigkeit" beim Brennschneiden sprechen, so ist das immer relativ zu verstehen.
Ein großes Hindernis für eine bessere Genauigkeit des Brennschneidens ist der Verzug des Schneidmaterials. Die eingebrachte thermische Energie in das Material erlaubt problemlos das Beheizen der Halle oder das Kochen eines Dreigänge-Menüs auf einer geschnittenen Blechtafel. Das Material dehnt sich unter dem Einfluss der Hitze enorm aus, was abhängig ist von seiner Dicke, der Anzahl der eingesetzten Brenner und den zu schneidenden Geometrien und der Anzahl der Innenausschnitte, von denen jeder einen Lochstechpunkt benötigt mit entsprechender Vorheizzeit auf die Zündtemperatur.
Hier kann man bereits erahnen, wie bedeutend beim thermischen Schneiden die Erfahrungen des Bedieners und der Arbeitsvorbereitung sind. Damit die Zuschnitte möglichst genau sind, muss diese Ausdehnung, die Lochstechpunkte, die Fahrtdichtungen etc. an die gewünschten auszuschneidenen Konturen angepasst werden. Moderne Verschachtelungsprogramme versuchen auf der CAD/CAM-Ebene durch Rechenalgorithmen die Lochstechpunkte und die Anfahrgeometrien optimal zu setzen und unterstützen die Bediener so weit wie möglich, um eine max. Genauigkeit bei geringem Materialverschnitt zu erreichen.
Doch am Ende des Tages bleibt es dabei, die Genauigkeit beim Brennschneiden ist verfahrensbedingt begrenzt und stellt die geringste der Schneidtechnologien Plasma, Laser, Wasserstrahl und Erodieren dar. Doch viel entscheidender dabei ist die Frage, welche Mindestgenauigkeit für mein spezielles technisches Teil überhaupt erforderlich ist? Und da zeigt sich, dass in vielen Bereichen der Technik die Genauigkeit des Autogenschneidens völlig ausreichend ist.
Welche Gründe sprechen für das Autogenschneiden?
Dies sind eine ganze Reihe:
- Brennschneiden besitzt beim Zuschnitt großer Materialdicken die beste Wirtschaftlichkeit
- Die Schnittkanten des Brennzuschnitts sind besonders rechtwinklig, immer vorausgesetzt, Brenner und Gase sind richtig eingestellt und besitzen die erforderlichen Qualitäten
- Die Rauheit der Schnittkanten eines Brennteils sind gering, die Kanten sind i.d.R. glatt
- Die Aufhärtung der Schnittkanten ist beim Brennschneiden im Verhältnis zum Plasma- und Laserzuschnitt in der Regel geringer, da die Wärme sich im gesamten Bauteil verteilt und der Brennzuschnitt sich so langsamer abkühlt
- Die Investition für eine Brennschneidanlage ist wesentlich geringer als für eine Plasma- oder Laserschneidanlage
- Der Schneidprozess ist besonders robust
- Die Betriebs- und Umgebungsanforderungen an den Autogenschneidprozess sind geringer als bei Plasma und Laser
- Die Anforderungen an das Führungssystem der Brennschneidmaschine sind geringer
- weitere Gründe, siehe Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile des Brennschneidens
FAZIT:
Das Brennschneiden ist ein spezieller Schneidprozess, der besonders im oberen Blechdickenbereich nicht wegzudenken ist und für den es bei Dicken oberhalb von 250 mm zur Zeit keine Alternative gibt, wenn die Wirtschaftlichkeit die entscheidende Rolle spielt. Sein geringer Strombedarf bzw. gar kein Strom erforderlich, sowie die Möglichkeit CO2-neutral mit H2 zu schneiden, beflügeln diesen Schneidprozess aktuell noch mehr.
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