Kapitel 3: Vorstellung technischer Umsetzungen
Prinzip der Schleifanlage: Wie entgratet man richtig? Weiches oder hartes Entgrat-Aggregat?
Entgraten
- Nur im Kantenbereich des Bleches
- Unabhängig von Stärkentoleranzen und Verzug
Schleifen
- Material >= Einstellwert wird zerspant
- Verzogene Werkstücke werden entweder:
- nicht vollständig geschliffen
- zu stark auf der Oberfläche geschliffen
Unterschied zwischen einer weichen Entgratwalze und einem „starren“ Schleifaggregat
Generell gilt:
Je weicher das System desto mehr Toleranz und Verzug kann ausgeglichen werden und desto mehr erfolgt die Bearbeitung auf der Kante des Werkstücks. Je weicher die Unterlage bzw. die Gummierung (unter dem Schleifmittel), desto stärker erfolgt die Bearbeitung im Kantenbereich und desto weniger stark wird die Oberfläche geschliffen!
Hierzu führt man die Schleifaggregate möglichst weich aus, so dass die Schleifwalze auf das Blech aufgedrückt wird.
Weich bedeutet, man hat eine Gummierung auf der Walze die möglichst dick ist. Auf der Gummierung sitzt das Schleifmittel. Das Gummi wird auf der Walze zusammengedrückt, so dass sich das Schleifmittel nun ausdehnt und über die Ränder hinaus ragt. Man erhält so einen höheren Zerspanungsdruck auf der Kante als auf der Oberfläche.
Als klassisches Einstellelement bei Schleifmaschinen für den Grobblechbereich genügt der Zehntelmillimeterbereich völlig.
So wie auf dem Bild rechts, soll ein gutes Schleifergebnis aussehen: Die Kanten sauber abgeschliffen, die Oberfläche bleibt unbearbeitet.
Ansatz 1: Trennung Entschlacken / Entgraten
Zusätzliches, vorgeschaltetes Aggregat um Brennschlacke zu entfernen plus nachgelagerte Schleifaggregate
Am Markt gibt es zwei Richtungen, zwei Herangehensweisen zur Umsetzung
Ansatz 1:
Anbieter die ein Aggregat zum „Entschlacken“ vorschalten und danach eine Schleifeinheit zum Entgraten einsetzen und Anbieter die entsprechend leistungsfähige Entgrateinheiten anbieten, um beide Arbeitsgänge (entschlacken / entgraten) mit einem Aggregat zu lösen.
Im ersten Verfahren trennt man das Entgraten vom Entschlacken.
Aggregate zum Entschlacken:
- Querbänder
- Topfbürsten
Arbeitsweise: Dies erfolgt indem man ein zusätzliches Aggregat, mit der man die Schlacke entfernt, vor die Walze schaltet. Dazu gibt es ebenso zwei Ausführungen eine dritte ist in Bearbeitung. Aktuell werden Querbänder oder Topfbürsten verwendet.
Einvulkanisierte Stahlpins in einem Fördergurt oder einer Topfbürste schlagen gegen die Schlacke, welche lose an der Kante sitzt. Die Pins sollen das Werkstück idealerweise gar nicht berühren sondern nur die Schlacke. Diese Tätigkeit entspricht in etwa der Arbeit, die der Werker nach dem Brennen der Teile mit einem Spachtel oder einem Blechschaber manuell ausführt.
Die Schlackebearbeitung ist nicht in der Lage, feste Grate zu entfernen, lose Grate hingegen schon. In beiden Fällen, wird nur lose anhaftende Schlacke entfernt, ein zusätzliches Aggregat zum Abschleifen des Grates ist erforderlich!
Daher wird ein zweites Aggregat benötigt. Eine zusätzliche Breitbandeinheit bei einseitiger Maschine bzw. eine zusätzliche Querbandeinheiten bei doppelseitiger Maschine mit querlaufenden Bändern greifen die Werkstücke von oben und von unten an.
Ansatz 2: Leistungsfähige Entgrataggregate
(Fortsetzung: Trennung Entschlacken / Entgraten)
Es wird ein entsprechend ausgelegtes Schleifaggregat zum Entfernen von Schlacke und Grat im selben Prozess verwendet, das gleichzeitig Schlacke und Grat entfernen kann.
Auch hier existieren zwei Ansätze:
1. Breitband oder
2. Entgratwalze.
Je nach Hersteller werden verschiedene Ansätze verwendet:
Aggregate zum Entschlacken & Entgraten:
Speziell ausgeführte Breitbandeinheiten oder Entgratwalzen
- Speziell ausgeführte Breitbandeinheit mit weicherer Gummierung und größeren Durchmessern. Der erste Schritt den viele Anbieter gegangen sind, ist die Kontaktwalzen größer zu dimensionieren und weicher zu gummieren, um mehr Toleranz und Verzug ausgleichen zu können.
- Eine weitere Möglichkeit ist es, die Kontaktwalze zu federn, um Verzug auszugleichen.
Ein weiterer Ansatz lautet:
Die Verwendung eines Breitbands mit innenliegendem Druckband:
Durch ein innenlaufendes Druckband kann die Walze sehr weich gummiert werden ohne der Gefahr ausgesetzt zu sein, dass sich der Grat durch das Schleifmittel schneidet.
Die nächste Herangehensweise mit spezieller Breitbandeinheit:
Eine speziell ausgeführte Breitbandeinheit mit Bolzendruckbalken:
Beim Bolzendruckbalken wird dass Schleifpapier seitlich des Werkstücks und in Aussparungen tiefer als die Werkstückoberfläche gedrückt, wodurch verstärkt auf der Kante geschliffen wird und Verzug- und Toleranz ausgeglichen werden.
Und schließlich der Ansatz mit der Entgratwalze:
Entgratwalze:
Eine in der Z-Achse frei gelagerte Entgratwalze mit sehr weicher Gummierung kann sehr gut Toleranz und Verzug ausgleichen.
- weiche Gummierung (ab ca. 15° Shore)
- Dicke Gummierung (bis ca. 15 mm)
- große Durchmesser (bis 420 mm)
- geführt in freier Z-Achse
Variante:
Ein Hersteller führt die in der Z-Achse freie Entgratwalze aktiv und pneumatisch. So werden Stärkentoleranzen und Verzug sehr gut ausgeglichen.
Entgraten heißt: „die ursprüngliche Werkstückgeometrie wieder herstellen“
Ein Werkstück kann also: Gratfrei und dennoch scharfkantig sein!
Deshalb besteht die Notwendigkeit im Anschluss an das originäre Entgraten, die Kanten zu brechen oder zu verrunden.
Beispiel für Entgratwalzen von TimeSavers
Beispiel für eine Entgratwalze von NS Maquinas
Beispiel für eine Entgratwalze von Gecam
Übliche Aggregate:
1. Schleif(lamellen)walzen
Lamellenwalzen verrunden die Werkstückkanten abrasiv und können auch verzogene Teile gut bearbeiten
(Quelle: blech-entgratung.de) Bild zeigt Schleiflamellenwalzen
2. Topf-/Tellerbürsten
Topfbürsten in speziellen (relativ losen) Ausführungen sind ebenfalls in der Lage Verzug – und Toleranz zu kompensieren und eignen sich für die Verrundung von Grobblech.
(Quelle: blech-entgratung.de) Bild zeigt Topfbürsten
3. Schleifklötze
Querbürsten können gleichzeitig von Oben und von Unten arbeiten, wodurch der Durchsatz der Maschine sich verdoppelt.
(Quelle: blech-entgratung.de) Bild zeigt Schleifklötze
Regeln beim Verrunden von Zuschnitten
Das Verrunden der Werkstückkanten wird aus unterschiedlichen Gründen gefordert:
- Verletzungsgefahr ausschließen
- Technische Gründe (Kabeldurchführung, Laborhandschuhe schützen, Abrieb vermeiden)
- Gleichmäßige Lackschichtstärke
- Normen (DIN EN 1090)
- Zeichnungsvorgaben
- Vermeiden von Reklamationen
Das Verrunden der Werkstückkanten erfolgt mit abrasiven Werkzeugen. Das Material muss zerspant werden.
Ein Brechen der Werkstückkanten kann z.B. mit Drahtbürsten erfolgen, welche deutlich langsamer verschleißen – dies ist heute aber nicht mehr Stand der Technik!
Nicht mehr verrunden als nötig, auf keinen Fall soviel verrunden wie die Maschine maximal hergibt.
Denn mit jeder Verdoppelung des Radius vervierfacht sich die abzuschleifende Menge an Material!
Beispiel: Die Maschine verrundet mit 0,2 mm Radius. Werden die Teile ein zweites mal durch die Maschine laufen gelassen, dann erwarte man einen Radius von 0,4 mm - doch dies ist ein Irrtum.
Erklärung der Zeichnung rechts: Das obere Rechteck soll einen Radius von 0,1 mm darstellen, das Gelbe ist der Radius, der weiße Bereich ist die verbleibende Werkstückkante. Die große Zeichnung stellt einen Radius von 1 mm dar, ist also im Maßstab 1 zu 10 gezeichnet. Um einen Radius von 1 mm zu erzeugen, muss man 100 mal mehr Material zerspanen als für 0,1 mm Radius.
Wenn eine Maschine in der Lage ist einen Radius von 1 mm zu erzeugen, es wären aber nur 0,3 mm Radius erforderlich, dann bedeutet dies den 11,1 fachen Mehraufwand an Energie und Schleifmaterial. Daher ist ein zu großer Radius, der nicht erforderlich ist, unbedingt zu vermeiden. Bei einem Radius von 2 mm macht dies sogar das 44,4 fache aus.
Für einen Radius 1,0 mm gegenüber einem Radius von 0,1 mm ist die 100 fache Zerspanungsleistung (Materialabtrag) erforderlich! Mit jeder Verdoppelung des Radius vervierfacht sich die abzuschleifende Menge an Material!
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