DIN EN 1090-2 für Schneidanwendungen

Die Norm DIN EN 1090-2 ist nicht nur für Schneidanwendungen von Bedeutung. Metallbauern ist sich auch unter dem Namen DIN 18800 "Ausführung und Herstellung von Stahlbauten" bekannt. Die Norm DIN EN1090-2 verlangt von den betroffenen Unternehmen, dass sie alle erforderlichen Prozesse in der Fertigungskette beherrschen und durch geeignete Produktionskontrolle den Nachweis erbringen, alle Teile fach- und normgerecht erzeugt und zusammengebaut zu haben, so dass Korrosionsschutz und Verschweißbarkeit der Bauelemente sicher gewährleistet sind. Soweit die theoretischen Forderungen, doch was genau bedeutet dies für Schneidbetriebe?
Anforderungen an das Schneiden
- Es muss sichergestellt sein, dass der benutzte thermische Schneidprozess auch für die Aufgabe geeignet ist. Hierzu müssen die thermischen Schneidprozesse regelmäßig auf ihre Eignung hin überprüft werden.
- Das einzusetzende Prüfverfahren hierzu, es handelt sich um die Vickers-Härteprüfung, ist von der Norm durch Schneiden und Überprüfen eines bestimmten Probekörpers vorgegeben. Ein dokumentiertes Prüfverfahren samt Anordnung der Prüfumgebung sowie dem Messverfahren hat das Ergebnis zu belegen.
- Die zulässigen Härtewerte, der durch das thermische Schneiden erzeugten Schneidflanken sind in Tabelle 1 für unterschiedliche Werkstoffgruppen angegeben und müssen nachweislich eingehalten werden.
- Im Zuschnitt von Metallen entstehen Grate. Grate, die zu einer Gefahr werden können und Verletzungen verursachen können, müssen entfernt werden, verlangt die Norm.
Hinweis:
Für diesen Artikel und den darin auszugsweisen enthaltenen Daten wurde die Ausgabe der 1090-2:2011 verwendet. Die aktuelle Version lautet: DIN EN 1090-2: 2018 und ist beim Beuth-Verlag zu beziehen. Für die Erklärungen im Hinblick auf das Schneiden sind die qualitativen Angaben aus der alten Norm hinreichend. Wünscht der Leser hingegen exakte quantitative Zahlen und aktuelle Angaben, so verweisen wir auf den Beuth-Verlag.
Produktnormen | Stahlsorten | Härtewerte |
---|---|---|
EN 10025-2 bis -5 | S235 bis S460 | 380 |
EN 10210-1, EN 10219-1 | S235 bis S460 | 380 |
EN 10149-2 und EN 10149-3 | S260 bis S700 | 450 |
EN 10025-6 | S640 bis S690 | 450 |
Tabelle 1: Zulässige maximale Härtewerte (HV 10)
Anmerkung: Diese Werte entsprechen EN ISO 1514-1 für Stahlsorten nach ISO/TR 20172
Weitere Stellen der DIN EN 1090 beschreiben die Anforderungen an das Schweißen, das Bohren, das Biegen, Kanten, Flammrichten, Montieren etc. der Bauelemente, auf die wir hier aber nicht weiter eingehen.
Prüfverfahren für die DIN EN 1090
Die Überprüfung der Härte gemäß DIN EN 1090 erfolgt nach dem Vickers-Verfahren. Die Einheit wird mit HV angegeben. Die Härteprüfung erfolgt ausschließlich über die ISO 6507, diese beschreibt die Prüfung mit Hilfe eines stationären Vickers-Prüfgeräts. Andere Härtemessverfahren (Rockwell, Brinell, Martens ...) sind bei der Messung, die für die DIN EN 1090 erforderlich sind, nicht zulässig.
Da ein stationäres Vickers-Messgerät gleich im mehrstelligen Zehntausender Eurobereich angesiedelt ist, dürfte sich für die meisten Betriebe ein solches Messgerät nicht rechnen.
Für den betrieblichen Alltag wurden inzwischen mobile Vickers-Handmessgeräte entwickelt, die man zu einem vernünftigen Preis unter 5.000 Euro erwerben kann.
Bevor gemessen werden darf, muss die Schnittflancke in einem bestimmten Winkel angeschliffen werden. Dabei wird jedoch durch den Schleifprozess eine Störgrösse eingebracht, nämlich zusätzliche thermische Energie durch den mechanischen Abtrag, welche die echten Werte negativ beeinflussen kann und die Messwerte verfälscht.
Experten, wie Dr. Hassel von der Leipniz Universität Hannover hegen daher Bedenken gegen diese Messmethode und werfen ihr vor, dass sie selber zur Verfälschung des echten Wertes in einem nicht unerheblichen Umfang beitragen kann.
Eine Überarbeitung der Norm wäre daher wünschenswert. Doch bis es soweit ist, gilt zunächst einmal die DIN EN 1090 in der Fassung 2012: 380 HV beträgt der maximale zulässige Grenzwert für S235 bis S355.
DIN EN 1090 und das Schneiden von Stahl
Anforderungen an die Rechtwinkligkeitstoleranz und die Rauheit Rz5
Klassen | Rechtwinkligkeits- und Neigungstoleranz |
gemittelte Rauheit Rz5 |
---|---|---|
EXC 1 | Bereich 5 | Schnittkanten sind akzeptabel, ohne wesentliche Unregelmäßigkeiten und alle Schlackereste wurden entfernt |
EXC 2 | Bereich 4 | Bereich 4 |
EXC 3 | Bereich 4 | Bereich 4 |
EXC 4 | Bereich 3 | Bereich 3 |
Aufhärtung im Abhängigkeit des Schneidprozesses:
Zertifizierungsstellen, welche die Härte der Teile überprüfen stellen fest, dass die Aufhärtung grob wie folgt eingeteilt werden kann:
- Laserzuschnitte besitzen oft die größte Aufhärtung.
- Plasmazuschnitte liegen im mittleren Bereich.
- Autogenzuschnitte besitzen oftmals die geringste Härte.
- Wasserstrahlschnitte sind unproblematisch, da am Schnittrand keine Aufhärtung erfolgt.
Wie ist das Ergebnis zu erklären?
Der Grund liegt in der langsameren Abkühlungsgeschwindigkeit des Materials, da beim Autogenschneiden die größte Hitze eingebracht wird, dauert der Abkühlprozess auch am längsten, die Aufhärtung fällt hier geringer aus.
Doch wie verhält sich die Wärmeeinflusszone des Schneidmaterials?
Sie erahnen es bereits, hier ist es genau umgekehrt. Die große Wärmeenergie, die durch Autogen- und Plasmaschneiden in das Material eingebracht wird, erzeugt eine Gefügeveränderung im Material, die je nach Wärmeabfuhr einige Millimeter bis zu etlichen Zentimetern groß sein kann. Bei hochfesten Legierungen kann es zu kritischen Situationen kommen, wenn die Schweißnähte nahe der Schnittzonen liegen und das Material die geforderte Festigkeit in diesem Bereich verloren hat.
- Autogenzuschnitte besitzen die größte Wäremeinflusszone
- Plasmazuschnitte liegen im Mittelfeld
- Laserteile weisen die geringste Wäremeinflusszone auf
- Wasserstrahlteile besitzen in der Regel überhaupt keine Wärmeeinflusszone, wer hätte das gedacht?
Die EN 1090 gilt seit 1.7.2012 und hat für alle Schneid- und Brennbetriebe Bedeutung. Sie löst die alte DIN 18800-7 damit ab. Bauteile für Gebäude, Behälter, Geländer etc. sind kennzeichnungspflichtig und müssen mit CE-Kennzeichen versehen werden. Hierzu muss der Bearbeiter werkeigene Produktionskontrollen einführen und sich durch eine anerkannte Stelle zertifizieren lassen. (TÜV, SLV oder andere). An die Produktionsplanung, Dokumentation werden bestimmte Anforderungen gestellt, was für viele Betriebe einen erheblichen Mehraufwand bedeutet. Zum Thema Schneiden verlangt die Norm eine einwandfreie Entgratung. Ob die thermischen Schneidprozesse für den Auftrag geeignet sind, muss durch Materialproben bewiesen und kontrolliert werden. Es muss eine Rückverfolgbarkeit gesichert werden. Der Hersteller hat nachzuweisen, dass er alle Prozesse beherrscht. Dazu zählt neben den Proben und der Dokumentation auch die Schulung des Personals.
Im Rahmen der Qualitätssicherung bei der Herstellung von Stahltragwerken werden zunehmend neue Anforderungen an den Schneidbetrieb gestellt. Schneidspezifische Geltungsbereiche wurden in der „neuen“ DIN EN 1090-2 normativ eingeführt und stellen die Lohnschneider vor neue Herausforderungen hinsichtlich der Auswahl geeigneter Qualifizierungen von Schneidverfahren.
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